Theatergemeinde
München

Thea fragt

Kultur und Heiliges

Kulturschaffende antworten zu Spiritualität in Kunst und Kultur, persönlichen Erlebnissen und Weihnachtstraditionen.


Chen Reiss

Die international erfolgreiche Sopranistin stammt aus Israel und lebt jetzt in England. In München arbeitet sie unter anderem mit dem Bach-Chor, mit den Philharmonikern und dem Jewish Chamber Orchestra zusammen.

Foto: Paul Marc Mitchell

Wo finden Sie in Ihrer Arbeit Spiritualität?
Überall! Ich singe sehr viel geistliche Musik. Aber nicht nur die schafft Momente der Spiritualität. Ich war vor Kurzem mit dem Bach-Chor in Israel und hatte Tränen in den Augen, als der Chor die Israelische Nationalhymne probte, mit der traditionell die Saison eröffnet wird. Ich finde, wir sind im Bezug auf die Versöhnung von Deutschen und Israelis so weit gekommen. Die Hoffnung auf Liebe und Respekt zwischen allen Menschen, ist heilig für mich.

Feiern Sie Weihnachten oder das jüdische Lichterfest Chanukka? Was ist Ihr persönliches Ritual?
Wir feiern als Familie beides. Dieses Jahr fallen Weihnachten und Chanukka auf dieselbe Woche, das trifft sich gut! Wir feiern Chanukka acht Abende lang mit Kerzen und Delikatessen und Weihnachten zwei Tage lang mit Musik, Essen, Geschenken und Freunden aus Dubai und London.

Weihnachtsoratorium des Bach-Chores mit Chen Reiss, am So 18. Dezember, 19.30 Uhr in der Isarphilharmonie - Thea hat Tickets!

 


Rainer Hepler

Pfarrer Rainer Hepler ist seit 1997 in der Kunstpastoral der Erzdiözese München und Freising tätig, die ihren Sitz an der Münchner Paulskirche hat.

Foto: Thomas Geist

Kunst und Kirche, welche Grenzbereiche loten Sie aus?
Als in den vergangenen Lockdowns die Systemrelevanz von Kunst beschworen wurde, war mir da zu viel von Bildung, Gesellschaftskritik, Kulturleistung oder Gesellschaftskitt die Rede, lauter sehr vordergründige funktionale Dinge. Aber brauchen wir nicht noch viel mehr Emotionen, Impulse, Heilendes, Ermutigung, Utopien, die wir aus der Kunst schöpfen können? All das kann man sowohl im Glauben als auch in der Kunst finden, auf unterschiedlichen und doch nicht unähnlichen Wegen.

Haben Sie schon einen übernatürlichen Moment in der Kunst erlebt?
Im Sinne von Visionen glücklicherweise nicht.  Aber es gibt doch den Moment, wo man spürt: jetzt sind es nicht mehr nur Töne, Farben und Formen, Worte, jetzt ist etwas anderes im Raum, das man nicht mehr beschreiben kann, etwas, 
wovon man ergriffen ist und das einen mit allen verbindet. Das können tiefgehende Transzendenzerfahrungen sein. So etwas erlebe ich glücklicherweise oft, z.B. am Sonntagabend um 20:15 Uhr bei unserem offenen Angebot mit Kunst und Spiritualität in St. Paul.

 


Dr. Katrin Dillkofer

Die Kunst- und Kulturwissenschaftlerin promovierte über Henri Matisse und die Ästhetik des östlichen Bildes. Sie arbeitet als Kuratorin und Dramaturgin u.a. am Lenbachhaus und an der Bayerischen Staatsoper. Seit dieser Saison verfasst sie Theaterkritiken und plant Kulturführungen exklusiv für den Thea Kulturklub.

Foto: Katrin Dillkofer

Welche heilige Kuh sollte geschlachtet werden? 
Wenn mir etwas heilig ist, dann möchte ich es nicht schlachten. Deswegen würde ich es auch von niemandem anderen verlangen. Es ist schön, wenn einem etwas heilig ist.

Ihr erhabenstes Kulturerlebnis? 
Sehr berührt hat mich 2016 David Martons Bearbeitung von Vincenzo Bellinis Oper „La Sonnambula“ auf der kleinsten Bühne der Münchner Kammerspiele. Ein unglaublich schöner, zarter, einfacher und zugleich großer Musiktheaterabend.

Was ist Ihr persönlicher Weihnachtsbrauch?
Gemeinsam mit meiner Tochter ergänze ich jedes Jahr das Personal unserer Weihnachtskrippe um ein oder zwei „Wesen“, die wir selbst gestalten. Inzwischen gibt es neben diversen Engeln und Feen schon einen Dalmatiner, eine Zauberin und ein Schwein.

Theas Kulturführung mit Dr. Katrin Dillkofer im Lenbachhaus in Kürze unter Führungen & Tagesfahrten

 


Philipp Moschitz

Der Schauspieler und Regisseur ist seit über 15 Jahren immer wieder am Metropoltheater tätig. Im Dezember läuft dort seine Inszenierung von „Alice“ mit Musik von Tom Waits.

Foto: Joey Heyd

Gab es ein kulturelles Erweckungserlebnis?
Ja, im frühkindlichen Alter: Mein Onkel war GMD in Osnabrück, und ich saß oft auf dem Schoß meiner Tante in den 
Proben – da ich babbelte, spielte, aber dennoch gebannt zuhörte, hinter einer Glasscheibe in der Technik, so dass ich die Probe mit dem Orchester nie störte. Einmal wollte ich unbedingt in den Saal; meine Tante wagte es und wir setzten uns auf die Empore. Ich war fasziniert. In einer Generalpause der Sinfonie, als das Orchester innehielt, rief ich auf einmal erschrocken: Das ist ja Heinz!! Mein Onkel unterbrach die Probe, weil alle herzhaft lachten.

Was ist Ihnen heilig?
Mit jeder Theaterproduktion eine gute Zeit zu haben. Bei allen Kräften, die während der Probenzeit und Vorstellungen wirken, ist mir das Miteinander das Wichtigste. Nur dann können Kreativität, Offenheit und Durchlässigkeit im spielerischen Prozess entstehen.

Alice im Metropoltheater am Sa 17. und Fr 30. Dezember, jeweils 19.30 Uhr - Thea hat Tickets!